[Einleitung]
Autor Philippe Djian schrieb mit „37°2 le matin“ nicht nur die Vorlage für diesen Film, sondern vor allem ein grandioses Buch, das niemand ungelesen lassen sollte. Als Kenner des Schriftstücks konnten wir uns nun ein Bild von der Verfilmung „Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen“ machen und von den Qualitäten überzeugen. Der Film wurde von Regisseur Jean-Jacques Beineix gedreht, er formte aus dem Roman auch das entsprechende Drehbuch. Columbia TriStar Home Entertainment veröffentlicht den 1986 abgedrehten Film mit Jean-Hugues Anglade, Béatrice Dalle, Gérard Darmon, Consuelo De Haviland, Clémentine Célarié, Jacques Mathou, Vincent Lindon und Jean-Pierre Bissonin den Hauptrollen. Wir ließen „Betty Blue“ (Director’s Cut) durch den DVD-Check gehen.
[Inhalt]
Zorg arbeitet als Mädchen für alles in einer Bungalowsiedlung an der französischen Küste. Er lebt ein ruhiges, zufriedenes Leben, geht seiner Arbeit nach und schreibt in seiner Freizeit Gedichte. Eines Tages tritt Betty (Béatrice Dalle) in sein Leben – schön, wild und unberechenbar. Als Bettys Verhalten im Laufe der Zeit jedoch immer unkontrollierbarere Züge annimmt, muss Zorg mit ansehen, wie die Frau, die er unendlich liebt, unaufhaltsam auf einen Nervenzusammenbruch zusteuert.
(Quelle: Columbia TriStar Home Entertainment)
[Kommentar]
Als Kenner des Buchs ging ich offen gesagt sehr skeptisch an den Film, traute dem Regisseur nicht zu dieses von mir so hoch geschätzte Buch in einem Film umzusetzen. Bücher von Philippe Djian sind keine einfachen Bücher und keine Geschichte im klassischen Sinne eines Liebesromans oder Krimis. Es geht hier um tiefsinnige Angelegenheiten und eine Art der Philosophie über das Leben. Es geht auch um Liebe, Sex und die Zeit, und was man mit ihr anfängt. Gespannt gingen wir so an den Film heran und stellten fest, dass es sich um einen französischen Film über die Beziehung zwischen zwei Menschen handelt. Doch dieser wurde nicht in bester Hollywood-Manier umgesetzt, sondern eben mit den typisch französischen Zügen und einer Geschichte, wie sie nur von Dijan kommen kann.
Die im Buch beschriebenen Einzelheiten, die aus Momenten wahre Geschichten voller Tiefe und emotionaler Stimmung formen, kommen im Film natürlich nicht so zur Geltung. Dennoch zeigten die Macher Liebe zum Detail und dachten sich einige raffiniert ausgestattete Sets und Einstellungen aus, im Handlungsverlauf sehr nah an der Roman-Vorlage angesiedelt. Es entsteht ein wenig das Gefühl des „in den Tag lebens“ und einer sehr eigensinnigen Art zu Leben. Skurril, frisch und intelligent in der Erzählweise unterhält „Betty Blue“ mit einer überraschenden Kurzweiligkeit – obwohl wirklich nicht gerade viel passiert. Umgesetzt mit einfachen Aufnahmen und einem glaubhaft konstruiertem Verlauf bereitet der Film auch heute noch eine kribbelnde Stimmung.
Dies liegt am kontroversen Part des Projekts: dem Anteil nackter Haut vor der Kamera. Hauptdarstellerin Béatrice Dalle macht sich nicht nur sehr gut als verrückt werdende Betty, sondern zeigt zudem noch beachtliche Körperteil in ihrer natürlichen Blöße. Ein Voyeurismus – oder gar Porno-Effekt soll damit gar nicht erzielt werden, es geht hier um Mischung aus filmrelevanten Komponenten unter Zugabe erotischer Elemente. Schauspielerisch wurden die im Buch beschriebenen Figuren wunderbar getroffen, Betty und Zorg bereiten glaubhafte Darstellungen und auch der Rest der beteiligten Mimen weist Charme auf. Musikalisch trifft man auf eine Komposition aus melodischen Instrument-Stücken.
[Technik]
„Betty Blue“ findet im anamorphen Breitbildtransfer statt, und zwar im Format 1.66:1, was zu Herstellungszeiten durchaus üblich war. Schließlich handelt es sich hier um einen Film, der gerade in seinem Ursprungsland ein Riesenerfolg war. Die Vorlage zu „Betty Blue“ muss als stark verrauscht bezeichnet werden, es gibt praktisch keine Szene, die nicht von einem groben und deutlich sichtbaren Rauschen heimgesucht wird. Dabei sind vor allem plakative Bildelemente betroffen. Einher hiermit geht eine gewisse Unsauberkeit was die Konturen und Bilddetails betrifft, beide Kriterien fallen in der Wertung aufgrund genannter Umstände nach unten ab. Der Kontrast wirkt zuweilen etwas steil, verdient sich jedoch über die Laufzeit Lob. Auch die Farben an sich gelangen ganz ansehnlich. Neben dem Rauschen noch Kompressionsartefakte und Verunreinigungen zur Geltung.
Tontechnisch haben wir es hier mit einer Formatierung im monauralen Gewand zu tun, und dies in den Sprachfassungen Deutsch, Französisch, Spanisch, Ungarisch und wahlweise Italienisch. Alle Soundtracks haben gemeinsam, dass ihre entsprechend synchronisierte Dialog-Ausgabe mit Verständlichkeit und klaren Ansteuerungen besticht. Die musikalischen Aspekte des Soundtracks wurden nicht nur gezielt eingesetzt und treten nur in den entsprechend sinnvollen Momenten auf, sondern haben auch noch eine ganz angenehme Qualität aufzuweisen. In Sachen Höhen und Tiefen sowie dem Bass-Spiel jedoch versagen die Tonspuren, zu alt sind die Aufnahmen. Untertitel können der Akustik in insgesamt 20 Sprachen optional eingeblendet werden.
[Fazit]
„Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen“ kommt in einem technisch nicht gerade sauberen Gewand auf den Markt. Beachtet man Alter, Budget und Filmtyp, so kann man über die offensichtlichen Makel hinwegsehen und erhält wunderbare Unterhaltung geboten, wenngleich die Motive des Films und seine Umsetzung nicht eindeutig zu erkennen sind. Und fest steht auch, dass Original-Buch von Philippe Djian einiges mehr an Stil, Charme und Stimmung aufweist. Doch für eine Verfilmung ist dieses Stück von Regisseur Jean-Jacques Beineix mehr als gelungen. Es wird eine Laufzeit von rund 178 Minuten geboten, abgelegt auf einer einseitigen Dual-Layer-Disc (DVD Typ 9). Einziges Bonusmaterial: 5 Trailer – mehr nicht. Schade, für einen Director’s Cut ziemlich dünn. Erscheinungstermin war der 22.03.2005. Berechtigt ist die Altersfreigabe ab 16 Jahren.
Andre Schnack, 13.04.2005
Film/Inhalt |
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Bild |
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Ton |
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Extras/Ausstattung |
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Preis-Leistung |
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