[Einleitung]
Wer sich mal mit den Top-Managern großer Konzerne in den letzten Jahrzehnten befasst hat, der kennt den Namen Carlos Ghosn (gesprochen *Gohn*), dem Vorzeige-Manager des Automobilbauers Nissan, der für viele überraschend 2019 in Japan von den Behörden festgesetzt wurde. Dies ist die Geschichte seines beruflichen Daseins, vom Hoffnungsträger und Retter Nissans zum geschassten Renault- und Nissan-Chef sowie Aufsichtsratsvorsitzenden Mitsubishis. In der Hauptrolle, ohne das er an der Doku aktiv mitgewirkt hat, Carlos Ghosn. Filmemacher Nick Green führte Regie und diese Dokumentation mit dem Originaltitel „Fugitive: The Curious Case of Carlos Ghosn“ erscheint im Rahmen des Netflix-Angebots.
[Kommentar]
Die Dokumentation hat mir sehr gut gefallen. Wahrscheinlich auch deshalb, da ich die eine Seite über die Presse damals miterlebte. Und ich dachte noch, wie macht der das bloß? Zwei solch riesige Firmen leiten, die auch noch an komplett unterschiedlichen, weit voneinander entfernt liegenden Orten ihren Hauptsitz haben. Objektiviert betrachtet jedoch muss er irgendetwas gut gemacht haben, oder andere eben besonders schlecht. Ansonsten wäre er nicht derart lange Chef von Nissan gewesen. Doch nach mehr als 15 Jahren war die Sicht von C. Goshn auf die Dinge vielleicht etwas anders, eingeschränkt und getrübt.
Ego, Eitelkeit. Macht und Gier. Auch hier keine überraschend auftauchenden Worte. Hier ist es eben so, dass die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verschwammen. Analogien zu anderen Top-Managern (aus der Automobil-Branche), wie auch dem früheren General Motors-Mann John DeLorean, sind da bestimmt kein Zufall. Auch ist mir nicht klar, wie viel Mythenbildung aus den Mündern der Interviewten hier verströmt, ich kann auch nicht den Management-Stil des Herrn Goshn bewerten oder kommentieren. Der Eindruck, der hier entsteht ist ein vielfältiger. Und mit Sicherheit hat sich der Mann auch in den Jahren seines Erfolgs verändert. Vielleicht nicht zum besten.
[Technik]
Die Aufnahmen sind unterschiedlichster Quellen hier. So gibt es ganz frische Bilder, aus jüngsten Interviews geschnitten. In gut ausgeleuchteten Innenräumen gedreht, qualitativ auf der Höhe der Zeit. Doch geht es eben auch anders, und zwar wenn die Quellen eher aus dem Amateur-/Home-Bereich kommen oder von Nachrichten-Journalisten, die ‚nah genug‘ herankamen. Wie dem auch sei, alles wirkt authentisch, echt und zu keinem Zeitpunkt ist die filmische 16:9-Wiedergabe oder Aufmerksamkeit durch technische Herausforderungen beeinträchtigt. Auch die Kompression ist soweit in Ordnung.
Verschiedene europäische Sprachen sowie der englische Originalton stehen zum Konsum parat. Interviewte sprechen in ihrer Muttersprache, ein Overlay sowie Untertitel können dann für die notwenige Verständlichkeit sorgen. Rein tontechnisch und qualitativ ist das Aufgebot rundum zufriedenstellend, wenngleich in der Sache eben sehr typisch einer Dokumentation, ohne Effekte oder akustische Schnörkel. Rauschen, Knacken oder Knistern gibt es hier nicht.
[Fazit]
Wenn man bös’ denkt, so haben die Formen der Augenbrauen des Carlos Ghosn doch mit denen eines Teufels gemeinsam. Wenn man denn so will. Doch eigentlich glaube ich eher, dass er ein guter Manager, vielleicht tatsächlich auch ein guter direkter Vorgesetzter war. Doch nach (zu) langer Zeit des Erfolgs hat er dann wohl schlichtweg die Haftung verloren. An allem. Diese Doku von 2022 zeigt uns auf rund 95 Minuten Laufzeit und ab einer Altersstufe von 12 Jahren eine gut gemachte und unterhaltsame Zusammenfassung dessen, was hinter dem Fall Ghosn steckt. Und wenngleich er als umverurteilt gilt, so ist die ganze Sache schon sehr merkwürdig und gewissermaßen naheliegend.
Andre Schnack, 18.04.2023
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