[Einleitung]
Krimis aus Skandinavien gehören spätestens seit den Kurt Wallander-Romanen von Henning Mankell und den anschließenden Verfilmungen nicht mehr zur Seltenheit der TV-Landschaft. Doch nun rückt dem Schweden die Konkurrenz auf den Nacken: Und zwar durch Kommissar Erlendur in Regisseur Baltasar Kormákurs „Der Tote aus Nordermoor“ (Originaltitel: Mýrin), einer isländischen Filmproduktion von 2006. In den Hauptrollen sind Ingvar Eggert Sigurðsson, Ágústa Eva Erlendsdóttir, Björn Hlynur Haraldsson und Ólafía Hrönn Jónsdóttir zu sehen. Wir erhielten die DVD zu Testzwecken zwischen die Finger und berichten.
[Inhalt]
Der isländische Kommissar Erlendur ermittelt den Mord an dem ledigen LKW-Fahrer Holberg. In der verwahrlosten Souterrainwohnung des Toten entdeckt er neben jeder Menge übelster Pornos die vergilbte Fotografie des Grabes eines vierjährigen Mädchens, das vor 40 Jahren bestattet wurde. Holbergs Tochter? Im Melderegister ist nur die Mutter des toten Kindes verzeichnet. Sie beging schon Anfang der 70er Jahre Selbstmord. Von ihrer Schwester Elin erfährt Erlendur, dass sie sich das Leben nahm, weil sie es nicht ertragen konnte, als Hure beschimpft zu werden. Vergeblich hatte sie seinerzeit versucht, ihren Vergewaltiger Holberg anzuzeigen. Doch der inzwischen entlassene Polizist Runar schmetterte den Fall damals ab, denn er glaubte dem Opfer nicht.
Um herauszufinden, ob das Kind Holbergs Tochter ist, lässt Erlendur die Leiche exhumieren. Der Gerichtsmediziner stellt fest, dass das kleine Mädchen ohne Gehirn beigesetzt wurde. Das Organ wurde zu Forschungszwecken präpariert und lagert seither in einem zentralen Gen-Labor, das die genetischen Daten der gesamten Bevölkerung sammelt. Hier arbeitet der Biologe Orn, von dem Erlendur erfährt, dass das Mädchen an einer seltenen Erbkrankheit starb, die auch bei Orns eigener Tochter zum Tod führte. In Island würde es diese Krankheit längst nicht mehr geben, wenn nicht Holberg, ihr wahrscheinlich letzter Erbträger, sie seinerzeit weiterverbreitet hätte. Wie Erlendur herausfindet, hat Holberg noch eine weitere Frau vergewaltigt, die aber nie Anzeige erstattete. Erlendur hat einen Verdacht. Es gibt möglicherweise noch einen weiteren Erbträger…
(Quelle: SPV / SPVision)
[Kommentar]
Wallander, zieh dich warm an, dachte Regisseur Baltasar Kormákur und brachte Autor Arnaldur Indriðasons Figur Kommissar Erlendur auf die Leinwand, und wie. Denn diesem Thriller gebührt echter Respekt. Seine Wirkung, spannend und dicht, seine Story, glaubhaft, verzwickt und frisch in der Wirkung, seine Darsteller, plastisch und unheimlich treffsicher in ihrer Bildpräsenz. Alles in allem hat „Der Tote aus Nordermoor“ das, was einen guten Thriller ausmacht. Sämtliche Beteiligte waren voll bei der Sache und halfen dabei mit, eine unheimlich spannungsreiche und atmosphärische Darbietung abzulegen. Dabei schüren sie und die isländische Umgebung den mysteriösen Charme der Geschichte, welche sich modern in ihrer Ausprägung und dynamisch im Verlauf zeigt. Gerade durch diese Note gewinnt der Titel gegenüber aktuellen Inlands-Produktionen des Deutschen Kinos an Attraktivität.
[Technik]
Wer nun denkt, eine isländische Filmproduktion müsste sich im europäischen oder gar internationalen Vergleich hinsichtlich der technischen Belange verstecken, der hat falsch gedacht. Wir erhalten mit „Der Tote von Nordermoor“ ein ganz gutes Bild vor die Augen. Erwartungsgemäß erscheint „Nordermoor“ im 16:9-Breitbildgewand, das genaue Seitenverhältnis beläuft sich auf ein Ratio von 1.85:1. Überraschend kräftig kommen die eher monoton gehaltenen Farben des Transfers daher, ihr Kontrast geht in Ordnung und wir bezeugen ebenfalls eine gelungene Plastizität. Jene entsteht trotz der Tatsache, dass die Situationen und Sets nicht immer gut ausgeleuchtet sind und ein permanenter Rauschschleier seine deutliche Ausprägung zeigt. Darunter leidet die Schärfe merklich. Ansonsten keine Beanstandungen an den Transfer und seine Kompression.
Beim Ton trumpft „Nordermoor“ richtig auf. Hier gibt es Dolby bis zum Abwinken. Wir haben es in deutscher Sprache mit wahlweise Dolby Digital 2.0, 5.1 oder aber DTS 5.1 zu tun. Die isländische Originalfassung hingegen kann in Dolby Digital 2.0 Surround vernommen werden. Untertitel finden wir leider nicht vor. Es handelt sich hier akustisch nicht um einen zweiten „Sieben“, klar. Doch kann sich „Der Tote von Nordermoor“ schon durchaus gut hören lassen. Die Akustik setzt sich zusammen aus Elementen wie Umgebungsgeräuschen, unmittelbaren Soundschnipseln der Handlungen der Akteure, den Dialogen und einer spannungsreichen, wenngleich eher subtilen Musik. Fehler, Fehlanzeige.
[Fazit]
„Nordermoor – Der Tote aus Nordermoor“ ist kein Thriller, der bei unangenehmen Momenten zurück rudert oder aber sich vor den kriminellen Möglichkeiten der heutigen Zeit in der Ausmalung ziert. Ganz im Gegenteil, auf der Laufzeit von rund 93 Minuten geht’s ums Ganze und Spannung und leichte Ungemütlichkeitsgefühle drängen sich auf. Dabei arbeitet der Titel nicht wie ein klassischer Hollywood-Film, sondern erreicht eine eher authentische Wirkung. Die einseitige Dual-Layer-Disc (DVD Typ 9) gefällt technisch gut und kann seitens des Inhalts ebenfalls punkten. In Belangen der Ausstattung gibt es folgende Materialien zu nennen:
- Original-Trailer
- Teaser
- Bildergalerie
- Leseprobe „Nordermoor“ auf DVD-ROM
- Hörprobe „Nordermoor“ auf DVD-ROM
In Sachen Extras kann man auf Anbieterseite noch etwas hinzulernen, wobei die Hör- und Leseproben zum Roman „Nordermoor“ natürlich wie die Faust aufs Auge passen und auch die Lust auf mehr schüren. Wer also Wallander mag oder den Film „101 Reykjavik“ aus Island schätzt, der kann hier bedenkenlos zugreifen. FSK ab 16 Jahren, erhältlich seit dem 18. Mai.
Andre Schnack, 31.05.2007
Film/Inhalt |
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Ton |
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Extras/Ausstattung |
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Preis-Leistung |
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