[Einleitung]
Mamoru Oshii’s „Ghost In The Shell“ begeisterte 1995 die Kinobesucher. Es war das erste mal, daß ein verfilmter japanischer Comic einen weltweiten Kinostart erfuhr. Und mit Erfolg, neben „Akira“ gehört er zu den erfolgreichsten und wichtigsten Werken auf diesem Gebiet. Wir sahen uns den tiefgängigen Science-fiction Trickfilm als DVD-Version von Polygram und Manga Video genauer an.
[Inhalt]
2029, Hongkong. Die Vernetzung der Welt erreicht ihren Höhepunkt. Praktisch alles kann vom eigenen heim erledigt werden, ein Schritt auf die Straße muß man nicht mehr setzen. Verbrechen werden „online“ durchgeführt. Es ist eine unschöne Welt, zerrissen durch den raschen Informationsstrom. Es besteht die Möglichkeit der Modifikation eines Gedächtnisses eines beliebigen Menschen übers Netz, als würde man einen Computer programmieren. Über die Vernetzung ist beinahe alles möglich. Doch der technische Fortschritt erlaubt noch mehr: Personen können durch kybernetische Implantate zugunsten besserer körperlicher Eigenschaften verändert werden. Diese Technik kommt aber nur bei speziellen Personen zum Einsatz, z.B. bei Polizisten. Major Motoko Kusanagi gehört zur Abteilung 9, einem Sondereinsatzkommando. Sie ist ein solch veränderter Mensch. Praktisch kaum noch etwas ist biologisch oder natürlich an ihr. Lediglich das Gehirn ist noch „echt“! Der Geist von Motoko ist das einzige nicht veränderbare Element in ihrem Bewußtsein, er bestimmt, daß sie lebt und keine Kreation des Netz ist. Der jüngste Auftrag für sie, ihren leicht modifizierten Kollegen Bateau und den „natürlichen“ Menschen Togusa hat es in sich. Ein Hacker namens Puppet Master bricht in die Gehirne seiner Opfer ein und verändert deren Gedächtnis und Verhalten. Seine Opfer führen fortan die kriminellen Wünsche des Hackers aus, sie leben computergenerierte Fantasien. Die schwierige Jagd auf den Puppet Master beginnt. Doch die Ermittlungen schleppen sich äußerst zäh vorwärts. Motoko bekommt heraus, daß das Ministerium für Auslandsangelegenheiten, auch Abteilung 6 genannt, scheinbar etwas im Schilde führt… ob politische Absichten etwas mit dem Hacker zu tun haben?
[Kommentar]
Der Film hat etwas von „Blade Runner“ oder auch „The Matrix“ und „Dark City“. Das Hinterfragen der Menschlichkeit, des Geistes und der Seele der Menschen ist nicht gerade neu als Thematik in einem Film. Jedoch kam sie hier das erste mal bei einem animierten Film zum Einsatz. Es ist ein Film für Erwachsene, ein niveauvoller Thriller, der auch durchaus „richtig“ hätte verfilmt werden können. Die Arbeit gelang so gut, daß der Betrachter während des Sehens ohnehin rasch vergißt das er eine Animation sieht. Mit anderen Trickfilmen wie „A Bug’s Life“ läßt sich „Ghost In The Shell“ nur bedingt vergleichen. Bei „Ghost“ ist die Technik eine ganz andere. Alles wurde gezeichnet, dann digitalisiert, im Computer zusammengefügt und editiert – das Ergebnis: literarisch und technisch ein Meisterwerk, daß visuell sowie akustisch atemberaubendes liefert. Neben der brillianten Technik macht die Story viel aus. Die Geschichte einer Frau bei einer Sondereinheit in einer nicht allzu fernen Zukunft. Die Welt ist ein gigantisches Netzwerk aus Informationen; Verbrechen werden beinahe ausschließlich über diese Netzwerke begangen. Jeder ist darin integriert. Durch State-of-the-Art Technik ist es möglich, Menschen stark zu modifizieren, cybernetische Implantate können Schwächen auszubessern. Außerdem ist es möglich, über die Netzwerke, an denen das Gehirn angeschlossen ist, an fast alle Informationen zu gelangen. „Ghost In The Shell“ bietet eine sonderbare und etwas trostlose Welt – gekonnt inszeniert. Die Schlüsselfrage, was uns zu Menschen macht und was uns von fortgeschrittener Technologie sowie künstzlicher Intelligenz unterscheidet, stellt sich dem Betrachter nach kurzen 82 Minuten öfter. Für mich ein einfach grandioser Film, den es Spaß macht anzusehen und der zum Nachdenken anregt.
[Technik]
Zu schön wenn der Film der einem gefällt auch technisch eine sehr gute Figur macht. Und so ist es hier der Fall, Bild und Ton ergeben eine hochwertige und sehr ansprechende Präsentation. Das anamorphe Bild im Ratio 1.85:1 läßt kaum Wünsche offen. Der Kontrast in schön, die Farben wirken natürlich und man hat das Gefühl den Film so zu sehen, wie es sich die Macher wünschten. Der Grad an Schärfe befindet sich ebenfalls auf einem hohen Level. Die Detailgenauigkeit kann nicht in diesem Sinne beurteilt werden, da nicht-Animationsfilme meist eine höhere Fülle an Details aufweisen. Fehler, Störungen oder Kompressionsartefakte bleiben aus. Alles in allem eine Leistung hoher Qualität.
Ähnlich sieht es beim Ton aus. Hier wurde ich sehr angenehm überrascht. Man gab sich hörbar Mühe und erstellte einen wirklich gelungenen, dynamischen und effektvollen Dolby Digital 5.1 Soundtrack. Dieser wurde in englisch abgemischt, die japanische Sprache befindet sich in Dolby Surround auf der Disc. Die synchronisierte englische Sprachausgabe hört sich prima an, ich kann mir aber vorstellen, daß viele die Originalsprache, Japanisch, vorziehen würden. Beide sind frei von Fehlern und Hintergrundrauschen und befinden sich zusammen mit den exzellenten Soundeffekten auf hohem Niveau. Die häufig auftretenden Direktionaleffekte lassen das Herz jedes Mehrkanaltonfans höher schlagen. Optisch sowie akustisch ein Genuß bei dem der Betrachter des öfteren ins Staunen kommt. Zum japanischen Ton lassen sich englische Untertitel hinzuschalten. Als Hilfe für den englischen Ton sind diese jedoch ungeeignet, denn sie übersetzen die japanische Sprache und so kommt es zu größeren Differenzen mit dem englischen Sound.
[Fazit]
„Ghost In The Shell“ wurde all meinen Erwartungen gerecht, bzw. hat diese teilweise noch übertroffen – und meine Erwartungen an den angeblich „besten“ Anime-Film waren schon hoch. Der Film gibt sich etwas anspruchsvoller als die gewohnte Durchschnittskost ohne sich dabei zu ernst zu nehmen. Ohne viel verraten zu wollen, der Film beinhaltet einige Überraschungen und kann bedenkenlos, um volles Verständnis zu erlangen, mehrmals gesehen werden! Ich rate es jedem, denn es macht jedes mal wieder Spaß. Der einzige Nachteil: er ist einfach zu kurz! Der Film befindet sich auf einer einseitigen Single-Layer-Disc und beinhaltet noch einige Bonusmaterialien. Die da wären: 28 minutenlange Dokumentation mit Interviews, Ausschnitten und vielen Hintergrundinformationen zur Produktion des Films, viele Text-Tafeln, einen Trailer, einen Manga-Trailer, eine Fan Club-Promotion und ein Polygram Trailer. Da kann man bei einem Preis von rund 50-60,- DM (35$ Listenpreis) nicht meckern. Wer ohnehin Animationsfilme mag, der wird „Ghost In The Shell“ lieben, aber auch alle anderen mit Interesse an guten Filmen sollten einen Blick werfen – sehr empfehlenswert.
Andre Schnack, 28.11.2001
Film/Inhalt |
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Extras/Ausstattung |
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Preis-Leistung |
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