[Einleitung]
Unter dem Titel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ läuft eigentlich genau ein Kurzfilm von US-Regisseur Wes Anderson nach einer Erzählung des britischen Schriftstellers Roald Dahl. Im Netflix Streaming-Angebot wird unter dem Namen „Ich sehe was, was du nicht siehst – Vier unglaubliche Geschichten“ eine Kombination von vier Kurzfilmen angeboten. Alle vier sind auch einzeln im Programm abzurufen. In den führenden Rollen aller vier Kurzfilme sind unter anderen Benedict Cumberbatch, Ralph Fiennes, Dev Patel, Sir Ben Kingsley, Rupert Friend und weitere zu sehen. Ich wollte mir diesen Spaß nicht entgehen lassen.
[Kommentar]
Wes Anderson macht besondere Filme, was er mit seinen Titeln „Rushmore“, „Die Tiefseetaucher“ oder auch „The Royal Tenenbaums“ am Anfang seiner Karriere unter Beweis stellte. Unbedingt massentauglich mögen diese Titel nicht sein, denn sie sind schon etwas speziell. Mit „Isle of Dogs“ (2018) erschuf er ebenfalls einen visuell sowie erzählerisch besonderen Titel. Und genau dieses ‚Spezielle‘ konnte der US-amerikanische Filmemacher 2023 in gleich vier Kurzfilmen erneut ausleben.
Und ohne dabei allzu viel über den Inhalt verraten zu wollen, möchte ich feststellen, dass man sich die kurze Zeit nehmen sollte, um alle vier dieser Werke anzuschauen. Es kostet nicht allzu viel kostbare Zeit: drei Werke laufen knappe 17 Minuten und eines rund 37 Minuten (Henry Sugar).
Der Stil, die Machart, der Aufbau und Ablauf sind unter den vier Werken sehr ähnlich. Wir haben es mit Szenarien wie in einem Theaterstück zu tun. Das Set gleicht eher einem Bühnenbild, Requisiten gibt es teilweise, manchmal wird hingegen einfach nur so getan, als wäre ein Gegenstand da – was er aber gar nicht ist. Zu komisch. Schauspieler bewegen sich nur wenig, haben wirkungsvolle Masken und stehen herum und sprechen ihre Texte.
Sehr besonders ist der Faktor, dass eine Person stets mit dem Publikum zu kommunizieren scheint. Dieser Mensch erklärt und beschreibt dann Dinge, die wir bereits mit unseren eigenen Augen sehen. Diese Beschreibungen sind temporeich, unfassbar detailliert und meines Erachtens nur in der englischen Originalsprache überzeugend, da sie ‚dort‘ konzipiert wurden. Der Inhalt ist zuweilen abstrus und ich fragte mich, was mir Wes Anderson oder Roald Dahl damit sagen wollten. Schlussendlich jedoch musste ich feststellen, dass ich kurzweilig und sehr eigensinnig unterhalten worden bin. Großartig.
[Technik]
Auch die Wiedergabe in Bild & Ton ist etwas anders als das, was wir aktuell und heutzutage vielleicht gewöhnt sein mögen. Das erste, was wir hier sehen ist ein schwarzes Bild mit unsauberen vertikalen Konturen im 4:3-Format (1.33:1). Kurz nach einem handgeschriebenen kurzen Text beginnt dann der jeweilige Kurzfilm. Viele starre Einstellungen kommen uns unter die Augen, die Farbgebung ist mit Filtern angepasst worden und alle Aufnahmen wirken eher altbacken und offenbaren uns Sets und Gegenstände sowie Kostüme aus vergangenen Tagen. Qualitativ ist das alles weitgehend sauber und bewusst „alt“-gehalten. Störungen gibt es keine.
Neben diesem eigensinnigen Bild gibt es einen Ton, den wir sonst aus Hörbüchern kennen. Nur sind es hier eben Filme, bei denen diese Technik zusätzlich zum Einsatz kommt. Die Akustik ist guter Qualität und die Wiedergabe fehlerfrei und ohne Störungen. Auch sind die Dialoge (und Monologe) stets gut zu verstehen, wenngleich häufig recht zügig herunter gesprochen. Surround-Effekte oder andere Sperenzien gibt es hier nicht vorzufinden, sie würden wahrscheinlich auch eher stören als das Gegebene noch weiter künstlerisch aufzuwerten. Unbedingt die Originalsprache genießen, gegebenenfalls mit Untertiteln. Sehr zu empfehlen.
[Fazit]
Roald Dahl ist ein britischer Schriftsteller, der mit einigen Äußerungen auch viel Groll auf sich zog zu seinen Lebzeiten. Doch darum geht es hier nicht. Denn schaut man sich diese Filme von Regisseur Wes Anderson an, so ist klar, das wir es hier nicht mit reiner Kinounterhaltung zu tun bekommen, sondern mit einer Art Kunstform, die durch audiovisuelle Besonderheiten inszeniert worden sind. Das Schwergewicht unter den vier Titeln ist zweifelsohne „Ich sehe was, was du nicht siehst“ (Originaltitel: The Wonderful Story of Henry Sugar) mit einer Laufzeit von etwas über einer halben Stunde. Die darstellerischen Leistungen gefielen mir gut, über Sir Ben Kingsley konnte ich mich sehr freuen. Wer es speziell mag, bitte unbedingt hier reinschauen…!
Andre Schnack, 30.09.2024
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