Rohwedder – Einigkeit und Mord und Freiheit

Dokumentation/Serie
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[Einleitung]
Ich bin Jahrgang 1978. Die Wiedervereinigung habe ich nicht so richtig in meinen Erinnerungen. Doch erinnere ich mich an die Schule, in der wir dazu sprachen, sowie Klassenfahrten zu unserer neuen Schulpartnerschaft in Stralsund. Den gesamten Umbau der ehemaligen DDR, das war nur bedingt interessant für mich aus westlicher Sicht. Heute ist das anders und nach der ZDF Dokumentation „Der Mordanschlag – Die Dokumentation“ sah ich mir nun jüngst die Netflix Produktion in vier Teilen mit dem Titel „Rohwedder – Einigkeit und Mord und Freiheit“ an.

Inhalt
Diese Dokumentation analysiert den Mord an dem Politiker Detlev Rohwedder im Jahr 1991 – ein ungelöstes Verbrechen, welches das wiedervereinigte Deutschland erschütterte.
(Quelle: Netflix)

[Kommentar]
Was wäre wohl passiert, wäre Ostdeutschland nicht der durch den Westen angebotenen Währungsunion beigetreten und kurze Zeit später die Sowjetunion in sich zusammen gefallen wäre? Nur schwer kann ich mir vorstellen, das dieser Ausgang besser für die Menschen im Osten Deutschlands verlaufen wäre. Doch das zählt hier nicht, denn hier geht es darum, dass eine Bevölkerung vom Glauben daran, dass ihr System nicht untergehen kann, zur Erkenntnis gelangen muss, das es nicht weiterüberlebt hätte.

Das ist sozusagen die Ausgangslage. Deutschland in einer sehr heiklen, empfindlichen Phase. Themen wie die Uwe Barschel-Affäre oder eben der Mord an Dr. Detlev Rohwedder interessieren mich sehr, denn hinter ihnen scheint mehr zu stecken. Schließlich sind sie bis heute nicht aufgeklärt und eine Menge Akten zu den Fällen sind ebenfalls ‚verschwunden‘. Welche Ausmaße diese massive Anpassung innerhalb der DDR tatsächlich hatten, war niemanden zuvor klar.

Diese vierteilige Dokumentation zeigt uns verschiedene Ansichten. Vertreten durch entsprechende Zeitzeugen, die eben aus dem direkten Umfeld Rohwedders, der Politik oder anderen Funktionen des Staatsapparates kommen. Die Erkenntnis, dass es sich bei Politik um ein knallhartes Geschäft handelt, ist dabei nicht neu. Aber die drei möglichen Hintergründe zu den Tätern sowie dem Motiv sind sehr spannend zu verfolgen.

Der Gedanke und die Hoffnung daran, dass es ein neues, drittes System als Resultat geben würde, wurde für sämtliche „Beitretenden“ aus dem Osten Deutschlands sehr rasch zur Enttäuschung. In Folge dessen gab es unfassbar viel Frustration und Angst hinsichtlich der eigenen Zukunft. Man bedenke, dass Arbeit in der DDR organisiert war, was natürlich zu einem ohnehin hohen Personalüberhang geführt hatte. Die Sicht des Bürgers, des Menschen und aus der seines Lebens gestaltet sich anders als das Bild der politischen Führung.

Mir war nicht klar, dass die Treuhand 94% der DDR Unternehmungen an westdeutsche oder internationale Investoren erfolgreich veräußerte und 6% den Ostdeutschen blieb. Aber was sagt uns das? Nicht viel, denn was wäre die Alternative gewesen? Auch das kann ich nicht beantworten. Offensichtlich war es uns kapitalistisch ausgerichteten Westdeutschen nicht anders möglich die Situation zu managen als so. Dr. Rohwedder bezahlte seinen Einsatz mit seinem Leben, was sehr traurig ist.

[Technik]
Zusammengeschnitten ist das Geschehen hier auf ein 16:9-Format, welches sich in einem gelungenen Guss präsentiert. Das ist wichtig zu nennen, da viele unterschiedliche Quellen zum Einsatz kamen, die teilweise sehr geringer Qualität sind. „Rohwedder – Einigkeit und Mord und Freiheit“ ist eben viel deutsche Geschichte, die in Form von Interviews, vielen Archivaufnahmen oder anderen Quellen Abbildung findet. Man bedenke auch stets dabei den Stand der Technik von 1991 und was das natürlich für die Aufnahmen bedeutet.

Tontechnisch ist es hier mehr die Qualität einer Nachrichtensendung, die unterbrochen wird für Interview-Ausschnitte. Vorrangig kommt die Sprachausgabe zum Zug. Sie bleibt verständlich, bei den Aufnahmen aus den Archiven, sowie bei den aktuelleren Materialien und den Interviews. Davon ab tönt nicht viel, um es offen festzuhalten. Egal welchen Ursprungs die Sprachausgaben auch sein mögen, dem Ton gelingt stets eine ordentliche Ausspielung. Musik oder räumliche Tiefe hingegen sind nicht die Steckenpferde hier.

[Fazit]
Der Gedanke, dass nach damaligen Aussichten die DDR ohnehin 1991/92 schlichtweg pleite gewesen wäre, wollen Menschen nicht wahrhaben. Hier greift das Prinzip Hoffnung, denn es hätte ja auch noch etwas ganz anderes eintreten können. Auch wenn dies eben extrem unwahrscheinlich war. Hierzu bitte unbedingt die letzte Szene dieser vierteiligen Doku in den Kopf rufen, sie ist großartig und aussagekräftig zudem. 168 Minuten, oder aber knappe 3 Stunden, füllen die vier Episoden. Die Altersfreigabe liegt bei ab 12 Jahren.

Andre Schnack, 06.09.2023

Film/Inhalt:★★★★☆☆ 
Bild:★★★★★☆ 
Ton:★★★★☆☆ 
Extras/Ausstattung:★★☆☆☆☆ 
Preis-Leistung★★★★☆☆ 

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