[Einleitung]
Vorrangig kenne ich den Hauptdarsteller dieses Films, James Caan, aus Filmen, die sich im Milieu des organisierten Verbrechens abspielen wie „The Yards“ oder auch „The Way of the Gun“ (beide von 2000). Doch auch das ist schon 20 Jahre her. In seiner frühen Karriere spielte er in Regisseur Norman Jewison’s „Rollerball“ (1975) an der Seite von John Houseman, Maud Adams, John Beck, Ralph Richardson und weiteren. Das Drehbuch zu „Rollerball“, der heute durchaus eine Art Kultstatus innehält, entstammt der Feder von William Harrison. Diese High Definition Blu-ray Disc in einem schicken Mediabook erscheint aus dem Angebot von Capelight Pictures und ich sah mir den Klassiker genauer an.
[Kommentar]
Es ist die Mär vom Kampf des unterschätzten David gegen den selbstverständlich stärkeren Goliath. Vor allem aber ist „Rollerball“ auch ein zeitgenössischer Blick in eine Zukunft aus Sicht von 1975 nach einer dystopischen Science-Fiction Vorlage. Nach dem Motto „Brot & Spiele“ ging man auch hier vor, um den Pöbel, das gemeine Volk, zu beschäftigen und davon abzuhalten zu viel nachzudenken. Ein Stoff, der gerne genommen ist im Film-Biz. Inhaltlich sollte man beim Nachdenken über den Film eben jedoch nicht vergessen, dass der Titel schon 45 Jahre auf dem Buckel hat.
Denke ich an „Rollerball“, so kommt mir zwangsläufig auch der Titel „Running Man“ mit Arnold Schwarzenegger in den Kopf. Auch dort finden wir ein vergleichbares Setting (Dystopie) vor. Das Spiel ist zwar anders, die Gründe fürs Spiel jedoch ähnlich. 1975 – also 13 Jahre vor dem „Running Man“ – war man mit „Rollerball“ im Science-Fiction Genre unterwegs. Und das macht auch Sinn. Es war die Zeit des Kalten Kriegs, viele langjährige Konstanten drohten aufzuweichen, die geopolitische Lage war angespannt. Die Angst vor einem totalitären System aus der Sicht des Westens real und begründet.
Neben dem Inhalt und der davor liegenden Idee haben wir es hier auch mit einem gelungenen Schauspieler-Aufgebot zu tun. Das Ensemble leistet gute Arbeit für einen aus damaliger Perspektive sehr temporeichen und ebenfalls schnell geschnittenen Filmtitel. Interessant ist auch die musikalische Begleitung. Gleich zu Beginn fällt es auf: Klassik. Damals war es sehr innovativ sowie gewagt einen ‚solchen‘ Film mit einem klassischen Music-Score bestückt ins Spiel zu schicken. Mutig eben, wie vieles an „Rollerball“.
[Technik]
Die Umsetzung ist inhaltlich betrachtet gut gelungen, klar, man ist vom Fach. Die eingesetzten Mittel hinterlassen natürlich heute schon einen leicht angestaubten Eindruck, visuell hingegen ist das Geschehen gut inszeniert und wurde technisch gut auf Blu-ray Disc gebracht. Mit heutigen Anforderungen sollte man der Disc nicht beikommen wollen, denn 45 Jahre gehen an nichts und niemanden spurlos vorbei, war doch die Aufnahme-Technologie damals gänzlich anders. Doch die dazumal in analog eingefangenen Bilder sind farbenfroh und halten auch das Tempo mit. Es fehlt ihnen jedoch an Tiefe, Klarheit und Detailreichtum. Rauschen tritt nicht in störendem Umfang auf. 1080p in 1.75:1.
„Rollerball“ ist Action. Gut, ja, aus einer anderen Zeit, um das Thema noch einmal zu stressen. Und so kommt es vielleicht einigen vorrangig jüngeren Menschen gar nicht so temporeich vor. Der Schnitt gelang gut, wenn dieser etwas sonderbar anmutende Sport aus Motorrädern, einer Art Rüstung mit wehrhaften Accessoires und einer schweren Stahlkugel als „Spielball“ seinen Lauf nimmt. Apropos Lauf, viele Aufnahmen zeigen das Rund geschickt, in dem die Protagonisten umherdüsen und sich oftmals brutal um den Ball mühen.
Akustisch gefundenes Fressen, theoretisch, aus heutiger Sicht. Neben je 3 PCM und Mono sowie zwei weitere DD 5.1 Tonspuren gibt es ebenfalls noch DTS-HS MA 5.1-Sound, und zwar in Deutsch oder Englisch. Recht platt und wenig weit, vom Spektrum eher beschränkt als irgendwie ambitioniert – so meine ersten Eindrücke. Mit zunehmender Laufzeit wird dies zwar nicht unbedingt viel besser, doch kann der Film mit seiner klaren Wiedergabe der klassischen Musik punkten, und ich war eher skeptisch gegenüber dieses Stilmittels. Die Sprache (Deutsch getestet) geht zu keinem Zeitpunkt im Geschehen unter, alles kommt an. Untertitel erfolgen wahlweise in den Sprachen Deutsch und Englisch.
[Fazit]
Mir gefiel die Wucht des Films, die Kraft der Action- oder besser Sport-Sequenzen und das hohe Erzähltempo. Ich bin 42 Jahre jung und kann mir vorstellen, dass meine Tochter (20) dies komplett anders sieht. Dieser Faktor ist immer ein Thema. Natürlich können wir objektiviert feststellen wie erfolgreich der Film hinsichtlich der Einspielergebnisse war. Angewandte Handwerkskunst, Elemente des Drehbuchs, das Schauspiel – zu all diesen Punkten kann man gewissermaßen etwas allgemeingültig und verständliches attestieren. Dennoch muss das Thema und die Erzählung in die Zeit passen.
Diese Mediabook-Edition von „Rollerball“ ist mit Sicherheit eher etwas für diejenigen, die sich gerne und viel mit Filmen auseinandersetzen. Es handelt sich um ein Nischenprodukt, dass schlichtweg durch seine limitierte Verfügbarkeit auch Interesse weckt. Stark, sehr stark gehe ich davon aus, dass dem zweiten Film dies nicht passieren wird. Egal, zurück zum Original in Form dieses Buch-ähnlichen Mediabooks, welches sich zusammensetzt aus 2 Blu-ray Discs und einer DVD. Auf einer der Blu-rays befinden sich auch Extras:
- Audiokommentar von Regisseur Norman Jewison / Audiokommentar von Autor William Harrison
- Dokumentation „From Rollerball To Rome“ (85 Min.)
- Making-of: From Rome to Rollerball (1975)
- From Sweden to Stardom – Im Gespräch mit Maud Adams
- Blood Sports – Im Gespräch mit James Caan
- Making-of: Return to the Arena
- Featurette: The Fourth City – Eine Reise zurück zu den Münchner Originalschauplätzen des Films
- Featurette: The Bike Work – Stuntman Craig R. Baxley über die Motorradstunts
- 13 Original Trailer & TV-Spots [teilweise neu restauriert]
- Vintage 8mm-Reel: Game On
- Vintage 8mm-Reel: Game Over
- 24-seitiges Booklet
Bestimmt ist das Highlight die „brandneue und exklusiv für diese Veröffentlichung produzierte 85-minütige Dokumentation From Rollerball To Rome – Nachhall eines Sci-Fi-Klassikers“. Und wer erhält schon solche Dokumentationen nach 45 Jahren. Mir gefiel die Ausstattung, ohne das ich dabei nun allzu viel wert auf Details legen möchte. Sie ist umfangreich und gut inszeniert. Interviews aus den aktuellen Tagen über etwas, dass man gemeinsam vor so langer Zeit gemacht hat? Das muss schon irgendwie schön sein. Die Altersfreigabe liegt bei ab 16 Jahren und dieses Mediabook ist seit Mitte April ’20 erhältlich.
Andre Schnack, 27.08.2020
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