Standard Operating Procedure

Dokumentation/Special-Interest
Dokumentation/Special-Interest

[Einleitung]
Errol Morris war mir vor seinem Werk mit dem Titel „The Fog of War“ kein Begriff unter den Regisseuren Hollywoods. Doch die Dokumentation über die Lektionen des Lebens von Robert McNamara beeindruckte mich sehr. Umso gespannter war ich auf den Titel „Standard Operating Procedure“, der sich inhaltlich mit den Fotos aus dem irakischen Gefängnis Abu Ghraib, den Hintergründen und der Fragestellung, wie es dazu kommen kann, beschäftigt. Wir konnten das Werk – ebenfalls von Sony Pictures Home Entertainment – genauer anschauen. In den führenden Rollen sind Beteiligte, reale Personen zu sehen und hören. Diese US-Produktion entstand 2008.

[Inhalt]
Kann ein Foto die Welt verändern? Zwölf Fotos aus dem Gefängnis Abu Ghraib in Baghdad haben 2004 dem Irak-Krieg eine neue Wendung gegeben – und vor allem das Bild Amerikas in der Welt ins Wanken gebracht. Doch eine zentrale Frage bleibt: Sind die berüchtigten Fotos aus Abu Ghraib Beweise für eine systematische Folterpraxis des amerikanischen Militärs, oder dokumentieren sie nur das Verhalten einiger weniger „schwarzer Schafe“. In „Standard Operating Procedure“ untersucht der Dokumentarfilmer Errol Morris (The Fog Of War, The Thin Blue Line) den unmittelbaren Kontext dieser Bilder. Warum wurden sie gemacht? Was zeigen sie nicht, was lassen sie aus?

Morris spricht sowohl mit den Soldaten, die damals auf den Auslöser gedrückt haben als auch mit denen, die auf den Fotos zu sehen sind. Wer sind diese Menschen? Was haben sie sich dabei gedacht? Viele Journalisten haben nach den unwiderlegbaren Beweisen für Abu Ghraibs Folterskandal gesucht. „Standard Operating Procedure“ zeigt auf, dass Abu Ghraib selbst der Beweis ist. Die grundlegenden Fragen allerdings sind: Wie konnten amerikanische Werte so bloßgestellt werden? Wie konnte es zu Abu Ghraib – und der anschließenden Vertuschung des Folterskandals – überhaupt kommen?
(Quelle: Sony Pictures Home Entertainment)

[Kommentar]
Dieser Film konfrontiert den Amerikaner mit seinem Erscheinungsbild in der restlichen Welt, packt ihn bei Stolz und Ehre und zieht ihn anschließend mächtig durch den Dreck. Aber um was geht es dabei eigentlich? Um was genau geht es genau in „Standard Operating Procedure“? Es geht um Fotos. Aber nicht irgendwelche Fotos, sondern um welche, die unter bestimmten Bedingungen entstanden und viel zu erzählen haben. Sie berichten von Krieg, Hinterhalt, Erniedrigung und Entwürdigung, von Menschen, die sich in schwierigen Situationen befinden, bzw. befanden. Sie zeigen, was Krieg und seine Folgen aus Menschen machen und wie rationales Denken versagt und eine Regierung bereit ist bestimmte Menschen in hierarchischen Ebenen zu opfern.

Inszeniert durch gewitzten Einsatz verschiedener Stilmittel inszenierte Errol Morris ein beeindruckendes Werk. Beispiel: es wird eine Art Polaroid-Fotoaneinanderreihung präsentiert. Abgebildet ist „Secretary of Defence“ dazumal, Donald Rumsfeld. Beinahe als Karikatur seiner selbst huscht er mit lässig über die Schulter geworfenem Sakko durch das Kriegsgebiet im Irak und schaut sich eine Lokalitäten an. Seine Agenda ist lang, doch bricht er seinen Aufenthalt unverhofft und zur Überraschung seines gesamten Stabes vor Ort rasch ab. Er habe genug gesehen, wenn es auch nur sehr wenig war… Errol Morris lässt Bilder sprechen und Geschichten erzählen.

Passend und sauber fotografierter inszeniert der Regisseur eine spannungsgeladene Atmosphäre über ein Thema, über das nicht jeder Amerikaner sprechen möchte. Man merkt, dass die gezeigten Geschehnisse eine Auswirkung auf die darauf folgenden Ereignisse innerhalb des Kontextes eines schlimmen Krieges hatten. „Standard Operating Procedure“ präsentiert uns auf seine eigene Art und Weise die Macht der Bilder. Stilistische Mittel wie Slow Motion- oder extreme Nahaufnahmen gehören ebenso zum Programm, wie auch die klassischen Interview-Einstellungen und Szenen, in denen die musikalische Begleitung zu den Bildern regiert und eine Stimme aus dem Off Informationen spendet.

Errol Morris hielt sich beim Tempo der Erzählung, beim Schnitt und bei der Zusammenstellung der Inhalte an seinen eigenen, interessanten und unterhaltsamen, gar spannenden Stil. Musikalisch begleitet von Danny Elfman entsteht eine gekonnte und wirkungsvolle Komposition. Es gibt einige Laufzeit, die durch die Darstellung von Fotofolgen erzählt wird, unterbrochen durch Tatsachenberichte der Zeugen und Beteiligten in Interview-Form. Dann gibt es noch hin und wieder ein paar Animationen, bzw. Collagen. Das Ergebnis kann am Ende als gelungen bezeichnet werden, den Eindruck, wie ein „The Fog of War“ auf mich wirkte, kann „Standard Operation Procedure“ leider für mich nicht ganz erreichen.

[Technik]
Es gibt sie, die scharfen Aufnahmen unter Darstellung eines gesunden Detailgrads. Bilder, die durch Kantenschärfe und Sauberkeit Gefallen beim Betrachter hervorrufen. Nicht selten hingegen bekommen wir es mit stehenden Rauschmustern, leichten Verschwimm-Effekten – vor allem in den Gesichtsfarbtönen – und einem eher mäßigen Schärfegrad zu tun. Da ist es zwar schön, wenn der knackige Kontrast satte Farben spendet, doch hilft dies nur bedingt, wenn auch nachgestellte Szenen einen Eindruck hinterlassen, der sich nicht auf der Höhe der Zeit befindet. „Standard Operating Procedure“ kommt in anamorphen 2.40:1 daher. Begründet im Thema liegt die Ursache dafür, das vor allem ruhige Bilder ohne nennenswerte Kamerabewegungen auftauchen, schließlich handelt es sich oftmals um Fotografien und rechte starre Einstellungen. Nicht immer ist die Kompression sauber.

„Standard Operating Procedure“ besteht aus nicht allzu vielen tontechnischen Elementen. Und natürlich ist dann umso wichtiger, dass das, was geboten wird auch guter Qualität ist. Der Titel gewinnt durch seine musikalischen Züge an Atmosphäre, die restliche tonale Qualität fußt auf der Sprachausgabe. Sie erklingen klar und deutlich aus den angeschlossenen Lautsprechern, vorwiegend aus dem Center-Speaker des Dolby Digital 5.1-Tons englischen Original oder in den Sprachfassungen Französisch, Italienisch und Spanisch im Voice-Over Verfahren. Untertitel können optional aus einem ganzen Sack voll Fassungen ausgesucht und hinzu geschaltet werden. „Standard Operating Procedure“ gewinnt mit seinem Ton keinen Blumentopf, enttäuscht jedoch auch nicht.

[Fazit]
Wer sich für die Art an Filmen interessiert und „The Fog of War“ mochte, der wird auch das jüngste Werk von Errol Morris schätzen. Bisher bin ich nicht auf die Massentauglichkeit der Fotos eingegangen. Sie richtet sich deutlich, wie das gesamte Thema, an ein erwachsenes Publikum. So erhielt „Standard Operating Procedure“ auch das Siegel „FSK: Keine Jugendfreigabe“ völlig zu Recht. Die einseitige Dual-Layer-Disc (DVD Typ 9) bietet neben dem rund 111minutenlagen Dokumentations-Titel auch noch etwas an zusätzlichen Materialien. Zumindest offeriert das thematisch ausgesprochen passend gestaltete Menü Punkte, die sich wie folgt nennen:

  • Audiokommentar von Regisseur Errol Morris
  • Zusätzliche Szenen
  • Trailer

In Summe haut einen das nicht vom Hocker und der Audiokommentar wirkt hier anders als bei „normalen“ Kinofilmen. Denn zum einen haben wir es mit keinem sonderlich aufbauenden oder erfreulichen Thema zu tun und zum anderen zeigt der Titel oftmals Interviewausschnitte mit Kommentaren, so dass der Effekt eines Audiokommentars hier fast schon normal wirkt und sich kaum vom ursprünglichen Inhalt des Films abhebt. „Standard Operating Procedure“ erscheint am 15. Januar zu einem Preis von rund 17,- Euro.

Andre Schnack, 08.01.2008

  Film/Inhalt
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  Bild
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  Ton
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  Extras/Ausstattung
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  Preis-Leistung
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