[Einleitung]
„Speed – Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ wurde 2013 von mir auf dvdcheck.de im Rahmen eines Reviews besprochen und gewürdigt. Eine tolle Dokumentation, auch heute noch, mehr als je zuvor vermeintlich. Doch Macher Florian Opitz schlief seither nicht und befand sich auch nicht mehr auf der Suche nach der verlorenen Zeit, sondern machte sich auf, um uns das System Kapitalismus näher zu bringen. Das Ergebnis haben wir hier vor uns liegen: „System Error“ als DVD aus dem Angebot von EuroVideo mit Standard Definition Technik. Ich war gespannt und konnte mich von den Qualitäten des Titels überzeugen.
[Inhalt]
Es ist verrückt: Wir sehen die schwindenden Regenwälder und Gletscher, wissen um die Endlichkeit der Natur und sind dennoch wie besessen vom Wirtschaftswachstum. Warum treiben wir das Wachstum immer weiter, obwohl wir wissen, dass man auf unserem endlichen Planeten nicht unendlich wachsen kann? System Error sucht Antworten auf diesen großen Widerspruch unserer Zeit und macht begreifbar, warum trotzdem alles so weiter geht wie gehabt. Sind wir tatsächlich bereit für den Kapitalismus alles zu opfern?
(Quelle: EuroVideo)
[Kommentar]
Auch mein lieber Michael Moore – ich liebe seine meisten Filme – hatte sich schon mit den skurrilen Zügen des Kapitalismus auseinandergesetzt mit seinem Werk „Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte“ (2010 auf dvdcheck.de vorgestellt). Doch nun bekommen wir, knappe 10 Jahre nach dem letzten globalen Finanz-Crash (Lehman Brothers, Inc.) auch ein Dokumentationswerk aus deutschen Landen zu diesem Thema. Florian Opitz nimmt etwas Abstand von dem, was unseren täglichen Ablauf, gar unser Leben maßgeblich bestimmt: die Arbeitswelt und dem überwiegend westlich geprägten Kapitalismus.
Opitz hinterfragt und stellt Fragen, die Zusammenhänge aufzeigen, die uns das große Ganze besser verstehen lassen. Bigger is better – das war die Logik, das Mantra und die neuen Kennzahlen, wie das BIP, regierten die Dialoge der Wirtschaftsriesen und Politiker, damals wie heute. Zahlreiche plausible Beispiele veranschaulichen unter Kommentaren Opitz‘. Letztgenannte sind weder anprangernd, noch sind sie parteiergreifend. Und doch wollen viele Menschen genau das, was er ausspricht mit Sicherheit nicht hören und noch weniger realisieren. Denn es würde gewaltiges Umdenken erfordern.
Die Besonderheiten sind eben das Aufzeigen ganz normal und gewöhnlich erscheinender Dinge. Wie zum Beispiel eine Lebensversicherung. Alles ist recht einfach, das Risiko erschien gering. Und doch funktioniert sie ausschließlich, wenn der gesamte Kapitalismus Apparat läuft. „System Error“ hat ausreichend eigenen Charme und Charakter und durchaus einiges darüber zu sagen, was vielleicht vielen bislang nicht möglich war. Auch dieser Opitz-Film gefällt mir gut.
[Technik]
Natürlich haben wir es bei einer Standard Definition DVD-Technik mit anderen Werten und Grenzen zu tun, als dies bei einer mittlerweile beinahe schon üblichen High Definition Blu-ray Disc (oder 4K) der Fall ist. Ich erfreute mich dennoch an den 16:9 abgefassten Bilder und ihrer anamorpher Abtastung. Das genaue Seitenverhältnis beläuft sich auf die Abmessung 2.39:1 – eben wie viele der aktuellen Kinofilme. Auch ist das Material an und für sich sehr hochwertig und umsorgt den Zuschauer mit ausreichend Details, einer gelungenen Farbgebung und zumeist gut ausgeleuchteten Bildern. Die Archiv-Materialien hingegen fallen altersbedingt aus. Kompression entsprechend den Quellen.
Der Ton der Disc reduziert sich inhaltlich praktisch auf die Wiedergabe von Monologen aus dem Off durch Florian Opitz als kommentierender Sprecher und eben den Interview-Ausschnitten, welche zumeist ausschließlich die Stimme des Interviewten aufweist. Davon ab gibt es hin und wieder etwas musikalische Begleitung mit Situationsbezug und hier und dort ein Geräusch. Wirklich nennenswert ist daran nicht viel. Wirklich wichtig ist hingegen, dass die Informationen über den Sprachkanal an das Publikum qualitativ hochwertig vermittelt werden. Und das kann bedenkenlos bejaht werden.
[Fazit]
Neben Michael Moore gehört Florian Opitz für mich zu den Filmemachern, die wirklich gute, zeitgenössische Dokumentationen zaubern, welche sich mehr oder weniger objektiviert bestimmter Themen annehmen und dabei sogar noch mindestens unterhaltsam, wenn nicht sogar etwas zynisch und satirisch ausfallen. „System Error“ kommt mit einer Laufzeit von rund 96 Minuten auf der DVD daher und diese wiederum weist eine Altersfreigabe gemäß FSK von ab 0 Jahren auf. Das theoretische Publikum des zweifachen Grimme-Preisträgers Florian Opitz ist somit breit, die reale Zielgruppe hingegen kleiner. Erschienen ist die super-interessante DVD am 23. Oktober zu einem Preis von rund 17,- Euro.
Andre Schnack, 30.10.2018
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