[Einleitung]
Martin Scorsese gehört zweifelsohne zu den Größen Hollywoods, seit Jahrzehnten. Der gute Mann und gebürtige New Yorker ist mittlerweile 77 Jahre alt und offensichtlich keinesfalls zu müde oder alt, um noch Filme zu erschaffen. 2019 erschien „The Irishman“ (dt. Der Ire), der unter der Regie von M. Scorsese nach einem Drehbuch von Steven Zaillian entstand. Das Drehbuch wiederum basiert auf dem Roman von Charles Brandt und behandelt maßgeblich den Themenkomplex des Verschwindens des damaligen Gewerkschaftspräsidenten James „Jimmy“ Hoffa und dessen Beziehungen der amerikanischen Cosa Nostra. In den führenden Rollen sehen wir viele bekannte und erstmals in einem solchen Mammut-Werk Robert DeNiro sowie Al Pacino mit viel Bildschirmpräsenz. An ihren Seiten sind Joe Pesci, Harvey Keitel, Ray Romano, Anna Paquin und weitere. Ich sah mir die Netflix-Produktion genauer an.
[Kommentar]
Ich weiß gar nicht so genau, wo ich anfangen, wie ich diesen Review-Kommentar beginnen soll. Dies ist ein durch und durch gutes Zeichen, denn der Film hat mir ausgesprochen gut gefallen. Und das, obwohl der Titel mit seinen knapp 3 Stunden Laufzeit weit über die Stränge schlägt, aus meiner Sicht. Aber das war meine Meinung vor der Ansicht. Als großer Fan von Filmen wie „Casino“, „Es war einmal in Amerika“ oder auch „GoodFellas“, war ich gespannt. Und als der Moment eintrat, an dem ich realisierte, dass in diesem Film erstmals Al Pacino sowie Robert DeNiro eine Menge Zeit gemeinsam vor der Kamera verbrachten, was ich sehr interessiert und neugierig. Klar, Erinnerungen an Michael Mann’s „Heat“ kamen hoch, doch damals waren es nur wenige Momente, in denen beide praktisch zeitgleich vor der Kamera standen.
Das Cast ist großartig. Klar, es ist gewissermaßen der Club der alten Männer. Der Club der alten Film-Mafiosi, denn viele bekannte Gesichter aus anderen Scorsese-Werken treten uns unter die Augen. Handwerklich wurden die nicht immer direkt erkennbaren Zeitsprünge aus der Erzählung Frank Sheeran’s heraus gut gestaltet. Masken, perfekt, Kostüme, Sets, Umgebungen – großartig. Zeitgenössischer könnte es meines Erachtens kaum wirken. Doch auch die Dialoge, die Vergebung der Erzählung mit historischen Geschehnissen, Fakten und sogar Archimaterialien wie damalige Fernsehkommentare oder Fotografien, hieven die gefühlte Authentizität in höhere Sphären. Musikalisch wird dies ebenfalls ganz hervorragend begleitet.
Doch worum geht es, wie ist das Tempo der Story, ist der Film auch über seine hohe Laufzeit hinweg spannend, wenn man dort zu erzählen beginnt, wo die eigentliche Geschichte schon aufhört? Die Antwort auf jene Fragen ist einfach, sie lautet: ja. „The Irishman“ ist spannend, stellt wahnsinnig glaubhaft dar, wie die Mafiastrukturen wohl funktioniert haben und gibt uns einen Einblick darüber, wie tief verwickelt diese korrupten Machenschaften wohl in ganz öffentliche Themen waren – auf höchsten politischen Ebenen.
Für mich hat Mr. Scorsese es noch einmal geschafft. Vielleicht ist es sein letztes großes Werk, vielleicht aber sehen wir noch mehr vom Mann, der bereits vor einigen Jahren für sein Lebenswerk im Hinblick auf das Amerikanische Kino geehrt wurde. Ich bin gespannt und froh darüber, diesen Film gesehen zu haben.
[Technik]
Ich sah mir den Titel via Netflix in FullHD an. Einen richtigen Vergleich mit aktuellen Titel, wie dem actionlastigen den neuen Star Wars-Film (hier der Review zu „Episode 9: Skywalkers Aufstieg“), wäre nicht angemessen. Denn bei „The Irishman“ gibt es schlichtweg weniger Action, weniger Spezialeffekte und ein ganz anderes Erzähltempo. Weniger rasante Kameraschwenks und eine weichere Dynamik sind eine Hilfe für die hohe Kantenschärfe und die ordentliche Konturenzeichnung, die auch bei schattigen Aufnahmen nicht sonderlich spürbar nachlässt. Auch die Farbgebung ist wirklich gut, alles wirkt kontrastreich und sauber, das Bild weist eine angenehme Ruhe auf. Kompressionsartefakte konnte ich nicht ausmachen. (1080p im Seitenverhältnis 1.85:1).
Und nun zur Musik. Sie erfolgt hier – wenn entsprechend ausgestattet – mit Ausspielung im Format Dolby Atmos. Es stehen die Sprachen Deutsch, Englisch, Russisch, Französisch sowie Türkisch zur Verfügung. Ja des englischen mächtig ist, dem ist unbedingt die Original Version des Films anzuraten. Im Ergebnis ein noch höherer Authentizitätsgrad, außerdem mag ich die Originalstimmen von Robert DeNiro sowie Al Pacino lieber. Seitens des Surround-Sounds gibt es weniger Nennenswertes zu berichten. Der Ton konzentriert sich auf die Dialoge, die musikalische Begleitung sowie einige Geräusche aus der näheren Umgebung. Der Ton wirkt lebhaft und ausreichend dynamisch über die Laufzeit hinweg.
[Fazit]
209 Minuten – das ist die Laufzeit von „The Irishman“. Diese knappen 3,5 Stunden gehen dennoch ausreichend zügig vorbei, da die Spannung adäquat und der Erzählstil ausreichend frisch ist. Mit einer Altersfreigabe von ab 16 Jahren wurde der Titel auf Erfolgskurs gesendet und Netflix wird bestimmt erfolgreich und zufrieden mit dem Titel sein. Bein einem geschätzten Produktionsbudget von rund 150 Millionen US-Dollar ist natürlich immer ein gewisses Risiko dabei. Wer dieses Genre mag, die unter der Einführung gelisteten Titel schätzt, der wird „The Irishman“ lieben. Für mich ein sehr gelungener Film, den ich empfehlen kann, wenn man solchen Gangster-Titeln etwas abgewinnen kann. Herausragend für mich war hier die Präsenz von Al Pacino und Robert DeNiro zusammen vor der Kamera – toll.
Andre Schnack, 06.01.2020
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